Syrian Women Leading the Change

Veranstaltung am 6. Oktober 2022

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Bericht zur Veranstaltung auf arabisch

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Bericht zur Konferenz auf W24

Das Konferenzprogramm in englisch und arabisch

Programm

Begrüßung

Magda Seewald, VIDC Global Dialogue

Sabiha Khalil (via Zoom)

ist eine feministische Anwältin und politische Aktivistin. Sie ist Gründungsmitglied der ersten syrisch-kurdischen überparteilichen Frauenorganisation "Komela Jin" und des Syrian Women’s Network. Sie ist außerdem Gründungsmitglied des Syrian Women Political Movement und Mitglied des Generalsekretariats und Vorsitzende des Organisationsausschusses.

Ruham Hawash

ist Mitbegründerin und stellvertretende Direktorin von IMPACT - Civil Society Research & Development. Hawash studierte Wirtschaftswissenschaften und hat einen MA in Frieden und Sicherheit. Sie nahm am friedlichen Aufstand in Syrien teil und ist seit 2011 in der Zivilgesellschaft und in gewaltfreien Basisbewegungen aktiv. Hawash lebt heute in Deutschland und hat als Rednerin an mehreren Kongressen zu Syrien teilgenommen. Sie ist außerdem Vorstandsmitglied des Verbands Deutsch-Syrischer Hilfsvereine (VDSH).

Oula Ramadan

ist die Gründerin und Leiterin von Badael und verfügt über 14 Jahre Erfahrung in den Bereichen Menschenrechte, Friedensförderung sowie sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt. Bevor sie Badael gründete, arbeitete sie in Syrien für UNHCR, zur Bekämpfung von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt in Flüchtlingsgemeinschaften aus der MENA. Sie ist Mitverfasserin mehrerer Forschungsarbeiten mit den Schwerpunkten Zivilgesellschaft, Frieden und Frauenaktivismus.

Nivin Alhotary (via Zoom)

ist Frauenrechtsaktivistin aus Ost-Ghouta, einem Gebiet in der Nähe von Damaskus. Heute lebt sie als Vertriebene nördlich von Aleppo. Die studierte Betriebswirting ist Vorstandsvorsitzende der Women Empowerment and Support Unit.


Moderation:

Jelnar Ahmad

ist derzeit als Research and Monitoring & Evaluation Manager bei IMPACT - Civil Society Research and Development tätig. Sie koordiniert Forschungsprojekte wie z.B. Mapping of Syrian Civil Society Actors, Gender Dynamics within Syrian Civil Society und Root Causes of Violent Extremism in Northeast Syria, um nur einige zu nennen.

Kuratorinnen

Samar Al Bradan, Souirat

Magda Seewald, VIDC Global Dialogue

Kooperation

Die Konferenz "Syrian Women in Europe Building the Future", die  am 6. und 7. Oktober in Wien stattfand, brachte syrische Aktivistinnen*, Anwältinnen* und Forscherinnen* aus Europa und Syrien (via Zoom) zusammen, um sich zu vernetzen und über die Erfolge und Herausforderungen des syrischen Aktivismus in Europa in den letzten Jahren nachzudenken. Der Start der Konferenz bildete eine öffentliche Podiumsdiskussion im Karl-Renner-Institut.

 

Es gibt viele globale Krisen, mit denen alle Länder konfrontiert sind, von Kriegen und Pandemie bis hin zu Wirtschaftskrisen und Hungersnöten. In Syrien werden diese Krisen noch von politischer Unsicherheit und dem Fehlen eines Horizonts für eine baldige Lösung begleitet. Diese Konferenz schuf einen sicheren Raum, um neue Kommunikationskanäle zwischen wichtigen aktiven Teilen der syrischen Gesellschaft in Europa zu etablieren. Jelnar Ahmed bezeichnete diese Veranstaltung als "eine wichtige Gelegenheit für Begegnungen und Diskussionen, da der Bedarf an Kommunikation und Vernetzung sowie der Aufbau von Unterstützungs- und Solidaritätsnetzwerken heute wichtiger denn je ist."

"Die Quote von 30 % Beteilung von Frauen an politischen Entscheidungsprozessen wurde nie erreicht"

Bis heute sind syrische Frauen* die ersten, die sich in politischen und zivilen Angelegenheiten engagieren, obwohl sie systematisch unterdrückt werden, z. B. durch Marginalisierung und Ausschluss aus dem öffentlichen Raum. Diese Realität hängt mit den traditionellen Geschlechterrollen der Frauen* in der syrischen Gesellschaft und dem patriarchalischen System zusammen, das Frauen* daran hindert, ihre Rolle bei der Gestaltung und Führung der Politik in Syrien voll wahrzunehmen. Seit Anfang des letzten Jahrhunderts hat die Präsenz syrischer Frauen* in politischen Angelegenheiten jedoch das Bild aktiver syrischer Frauen* verbessert und uns einen Anstoß für die Zukunft gegeben. Die politische Aktivistin Sabiha Khalil skizzierte die politische Beteiligung der syrischen Frauen in der Oppositionsbewegung: "Sie ist immer noch sehr begrenzt und entspricht nicht den Bedürfnissen und angestrebten Rollen, die Frauen* in diesem Bereich auszufüllen versuchen." Trotz der verstärkten Bemühungen von Frauen* und UN-Organisationen, die politische Beteiligung von Frauen* zu erhöhen, wurde die Quote von 30 % nie erreicht. Ein Frauenbeirat wurde eingerichtet, um das Büro des UN-Sondergesandten für Syrien bei den Friedensgesprächen in Genf zu beraten. Daher ist es wichtig, dass Frauen* vertreten sind, als Entscheidungsträgerinnen fungieren und ihren Anteil an der Macht übernehmen. 

"Nur 4 % der gezahlten Mittel fließen in Frauen*projekte"

Im Kontext der syrischen Zivilgesellschaft in Europa gibt es viele Herausforderungen für Frauen*. Am wichtigsten ist, laut Ruham Hawash, das Fehlen einer Perspektive und einer strategischen Planung seitens der Geber, die die Pläne und Projekte von Frauen* und ihren Institutionen in einer Weise unterstützen können, die Kontinuität gewährleistet und die Anhäufung von Wissen und Erfahrungen für Frauen* fördert. Die Geber neigen dazu, zeitlich begrenzte Förderprogramme zu konzipieren und Mittel für Themen bereitzustellen, die nicht in die strategischen Pläne von Organisationen, die im Bereich der zivilen Angelegenheiten tätig sind, fallen und sich auf etwas anderes als Frauen*projekte und -fragen konzentrieren. "In der von uns veröffentlichten Studie haben wir festgestellt, dass nur 4 % der an syrische zivilgesellschaftliche Organisationen gezahlten Mittel in Projekte fließen, die mit Frauen*fragen zu tun haben, und das ist ein beschämender Prozentsatz." Diese Herausforderungen beziehen sich nicht nur auf die Finanzierung, sondern auch auf den Zugang zu Ressourcen und die Gewährleistung der Kontinuität. Zusätzlich zu den Schwierigkeiten der Organisation innerhalb der Diaspora und der Beschränkungen bei der Durchführung von Projekten innerhalb Syriens.

"Wissen ist Macht, und Macht ist das, was wir haben müssen, um den Wandel anzuführen."

In ihrem Beitrag hob Oula Ramadan die Bedeutung der Wissensproduktion hervor: "Wissen ist Macht, und Macht ist das, was wir haben müssen, um den Wandel anzuführen." Ramadan versuchte, eine eingehende Analyse der Art des syrischen Kampfes in den letzten Jahren zu geben und zu zeigen, wie sich die Methoden des Widerstands in Syrien verändert und gewandelt haben. Die frühen Phasen der revolutionären Bewegung in Syrien waren gekennzeichnet durch die Betonung rein politischer Forderungen nach Freiheit und Würde und einer Änderung des politischen Systems als revolutionäre Lösung. Der Fokus, insbesondere für Frauen* und Feministinnen*, hat sich nun auf langfristige Lösungen verlagert, die den Weg für einen umfassenden sozialen Wandel ebnen könnten, der mit dem Beginn der revolutionären Bewegung begann und so lange andauern wird, bis die angestrebten Ziele erreicht sind. Hier kommt die Bedeutung der Wissensproduktion und der Initiativen zur Bewahrung der mündlichen Überlieferung und zur Dokumentation von Bildern der Kämpfe ins Spiel. Es ist wichtig, das tägliche Handeln zu politisieren und die politische Aktivität neu zu definieren, um sie mit der Realität der Frauen* und Individuen in ihren Plänen und Projekten zu verbinden. "Diese Projekte, die darauf abzielen, die mündliche Geschichte zu bewahren, werden fast ausschließlich von Frauen* geleitet und sind die am wenigsten finanzierten und unterstützten. "Daher ist es wichtig, Räume zu schaffen, in denen über alternative Finanzierungsmethoden nachgedacht werden kann und die es Frauen* ermöglichen, sich zu treffen, um zu kommunizieren, etwas zu schaffen und zu ermöglichen.

"Frauen* vor Ort müssen in die Planung und Umsetzung von Projekten und Aktivitäten miteinbezogen werden"

Die Herausforderungen für die in Syrien lebenden Frauen* sind unterschiedlich und haben sich im Laufe der Jahre aufgrund der komplexen und dynamischen Natur des syrischen Konflikts verändert. Während des friedlichen Aufstands organisierten und leiteten Frauen* Demonstrationen und Sitzstreiks Hand in Hand mit Männern*. Später verwandelte sich der Aufstand in einen bewaffneten Konflikt, der die Demonstrationsfreiheit aller einschränkte, Frauen* während der Belagerungen stärker unter Druck setzte und zu brutalen Militäroperationen gegen Zivilist*innen führte.

Gleichzeitig übernahmen Kräfte mit extremistisch-islamistischem Hintergrund die Macht in den Gebieten außerhalb der Kontrolle des Regimes, was die Teilnahme von Frauen* am öffentlichen Leben fast unmöglich machte und zu zahlreichen Übergriffen und Verbrechen führte, die sich allein aufgrund der misogynen Haltung dieser Gruppierung gegen Frauen* richteten. Die Rolle der Frauen* und ihre Beteiligung am Kampf waren unterschiedlich und beschränkten sich aufgrund der Realität der Belagerung manchmal „nur“ auf Bildung und Gesundheit. Dennoch waren sie für den Fortbestand der Gesellschaft als Ganzes unerlässlich. Die zeitweilige Kontrolle durch ISIS wirkte sich negativ auf den Status der Frauen* aus, und wirkt bis heute nach.

Heute sind Aktivistinnen* in zivilgesellschaftlichen Organisationen in Syrien systematischen Angriffen und Hassreden ausgesetzt, die darauf abzielen, ihre Arbeit unter Vorwänden wie der Priorität anderer Themen und der Notwendigkeit, sich auf Nothilfe, Bildung und Ernährung zu konzentrieren, anstatt auf die Unterstützung und Stärkung von Frauen*, einzuschränken.

Nevin Alhoutary, aus Syrien zugeschaltet, gab einen vermittelte in ihrem Beitrag eine klare und starke Botschaft über die Notwendigkeit, die Kommunikation zu verbessern und Unterstützungsnetzwerke aufzubauen, um syrischen Frauen* zu helfen und sie zu unterstützen, sei es durch die Bereitstellung von Plattformen für die Beteiligung oder durch die Unterstützung durch Erfahrungen. Laut Alhoutary ist es notwendig, Projekte zu entwickeln und zu gestalten, die auf dem realen Bedarf der Frauen* beruhen, und keine Lösungen zu exportieren, die nicht direkt zur Lösung der grundlegenden Probleme der Frauen* beitragen. Es ist notwendig, den Kontext umfassender zu verstehen und zu analysieren, insbesondere im befreiten Norden Syriens. "Deshalb müssen Frauen* in die Planung und Umsetzung von Projekten und Aktivitäten einbezogen werden und nicht nur als Nutznießerinnen* gesehen werden. "