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Magda Seewald, seewald@vidc.org
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Gender-TANDEM-Training

Gendersensibilisierung und Empowerment im Migrationskontext


VIDC Global Dialogue beschäftigt sich bereits seit 2010 mit Maskulinitäten im Migrationskontext und der Einbindung von Burschen* und Männer* in Gleichstellungsprogramme. Seit 2016 führt das VIDC in Kooperation mit verschiedenen afghanischen Vereinen Gender-TANDEM-Trainings für afghanische Männer* mit bisher rund 400 Teilnehmern* durch. Seit Anfang 2020 werden die Trainings auch für Frauen* und Mädchen* angeboten. Bisher nahmen 170 afghanische und syrische Frauen* daran teil. Durchschnittlich sind 12-16 Teilnehmende ab 16 Jahren pro Trainingszyklus vorgesehen.


Zielsetzung

Das Gender-TANDEM-Training zielt darauf ab, Männer* und Frauen* aus migrantischen Communities für Geschlechtergerechtigkeit zu sensibilisieren, ihnen neue Perspektiven zu eröffnen und ihnen Werkzeuge in die Hand zu geben, um über Kosten und Nutzen von Geschlechterkonstruktionen zu reflektieren. In einem geschützten Raum (Safe Space) werden Tabuthemen, Ängste und Erfahrungen besprochen und Strategien zum Empowerment und zur Gewaltprävention entwickelt. Durch das Training wird ein Empowerment- und Sensibilisierungsprozess angestoßen, der hoffentlich weit über das Training hinauswirkt.

Erfolgsfaktor TANDEM

Durch das interkulturelle Tandem, das sich aus einem Trainer/einer Trainerin aus der Mehrheitsgesellschaft und einem Trainer/einer Trainerin aus der migrantischen Community zusammensetzt, die auf Augenhöhe bzw. gleichberechtigt zusammenarbeiten.
Dieses Tandem Prinzip ist ein wichtiger Erfolgsfaktor und unterscheidet unser Training von anderen Angeboten. Es hat wesentlich zum Erfolg und zur großen Nachfrage der Trainings beigetragen.

Was sind die Vorteile des interkulturellen Tandems?

  1. Es wird keine externe Dolmetschung benötigt.

  2. Es kann schneller Vertrauen aufgebaut werden.

  3. Kultursensibles Arbeiten wird ermöglicht.

  4. Unterschiedliche Kompetenzen der Trainer* und Trainerinnen* werden eingebracht (Z.B. Gender- und Sprachkompetenzen, methodische und kulturelle Kompetenz, Trainingserfahrung).

Training of Trainers

Im Rahmen eines zweitägigen Training of Trainers werden Trainer* und Trainerinnen* aus der jeweiligen Community und der Mehrheitsgesellschaft ausgebildet und die Tandems gebildet, die in weiterer Folge die Trainings durchführen.


Gender-TANDEM-Training

Das Tandem Training umfasst vier aufeinander aufbauende Module (Workshops) zu jeweils vier Stunden zu den folgenden Themenbereichen:

Modul 1: Geschlechter(un)gerechtigkeit
Modul 2: Psychische, körperliche, reproduktive und sexuelle Gesundheit
Modul 3: Familie und Gewalt(-freiheit)
Modul 4: Existenzsicherung

Mit einem Methodenmix aus der emanzipatorischen, genderreflektierenden Pädagogik werden diese Themen mit den Teilnehmenden diskutiert und bearbeitet. Emanzipatorisch heißt bei den Erfahrungen und Handlungsoptionen der Geflüchteten anzusetzen. Genderreflektierend meint das Hinterfragen von Machtverhältnissen, Hierarchien, Privilegien und gleichzeitig die Anerkennung von Vulnerabilitäten und Diskriminierung.
Daher ist die Anerkennung von Diversität, sprich unterschiedlichen Erfahrungen, Lebensweisen und kulturellen Bezugsrahmen, innerhalb der Kategorie Männer und der Kategorie Frauen, sehr wichtig. Das Training verfolgt das Ziel, ein differenziertes Bild – ausgehend von einem Intersektionalitätsansatz – zu vermitteln.

Erfolgsfaktor Kooperation mit migrantischen Vereinen 

2024 kooperiert VIDC Global Dialogue mit folgenden Vereinen:

1) Kultur- und Sportverein NEUER START: Schwerpunkt auf Jugendliche und Sport sowie diverse Integrationsmaßnahmen (Bildungsangebote, Sprachkurse, Unterstützung bei Bewerbungen und Berufseinstieg)

2) Akis – afghanischer Kulturverein: Schwerpunkt auf Frauenförderung durch internationales Veranstaltungsprogramm und Herausgeber der Frauenzeitschrift Banu

3) Afghanischer Jugendverein: Schwerpunkt auf Jugendliche und Frauen und diverse Kurse (Bewerbungskurse, Englisch-Kurse für Jugendliche); während der Pandemie: Gaam TV und Model-Gruppe für Modeschauen

4) Verein Solidarität mit afghanischen Flüchtlingen: Frauenfokus, unterstützt Familien in Not und arbeitet eng mit der Frauensektion von Akis zusammen.

2023 Jahr hatten wir eine gute Zusammenarbeit mit dem Verein Souriat (Syrian Woman for Justice and Peace) und dem syrischen Verein MIA (Migration, Integration, Arbeitsmarkt).

Erfolgsfaktor Kooperation mit Beratungseinrichtungen

Wir laden Beratungsstellen und Anlaufstellen für (migrantische) Frauen und Männer ein, in drei von vier Modulen Inputs über ihre Angebote und Dienstleistungen, zu geben. In Modul 2 zu psychischer, physischer sowie sexueller und reproduktiver Gesundheit gibt es einen Input vom Frauengesundheitszentrum FEM Süd im Frauentraining und vom Männergesundheitszentrum MEN im Männertraining. 
Im Modul 3, wo es um Familie, Beziehungen und Gewalt(freiheit) geht, sind der Verein Autonomer Frauenhäuser Österreich, die Männerberatung und der Verein Elternwerkstatt Kooperationspartner. Im Modul 4 zu Existenzsicherung und soziale Sicherung wird ein Input vom Zentrum für Migranten und Migrantinnen angeboten.

Hinsichtlich dieser Inputs lautet das Motto: Wissen ist Macht! Je mehr die Teilnehmenden wissen, desto besser können sie ihre Rechte durchsetzen. Im Falle von hilfesuchenden Betroffenen von Gewalt findet eine Weiterleitung an geeignete Beratungsstellen/Fachstellen statt.

Multiplikatoreffekt und Nachhaltigkeit

Die Trainer*innen aus den Communities werden von den Teilnehmenden als Vorbilder wahrgenommen und wirken als solche in den migrantischen Vereinen und in den migrantischen Communities weiter. Die Trainings haben dadurch einen starken Multiplikatoreffekt und fördern in diesem Sinne die Nachhaltigkeit.
Seitens der Trainer*innen aus der Mehrheitsgesellschaft gibt es auch eine Vorbildfunktion. Sie können in ihrem Wirkungskreis die Tandem-Erfahrung bzw. die interkulturelle Genderkompetenz weitergeben und dadurch unbewusste, versteckte Stereotypen abbauen.

Zitat einer Tandem Trainerin*

„Durch meine Lebensgeschichte und meine persönlichen Erfahrungen ist mir die Problematik der Frauen* aus der Community und der Umgebung bekannt. In irgendeiner Art und Weise sind sehr viele Frauen* einem enormen Druck ihrer Männer*, Brüder* und Väter* ausgesetzt. Ich weiß es sehr zu schätzen, wie mir damals geholfen wurde und wie sich heute mein Leben zum Positiven gewendet hat. Genauso möchte ich anderen Frauen* helfen, sich aus ihrem Dilemma zu befreien. Es bedeutet mir sehr viel, wenn mich meine ehemaligen Teilnehmerinnen* anrufen und mir von ihrem neuen Leben, ihrer Arbeit, ihrer Unabhängigkeit und ihrem neuen Glück erzählen und ihre Dankbarkeit ausdrücken.“