Nachruf auf Ahmed Ben Salah

Von Peter Jankowitsch

Ahmed Ben Salah


Ahmed Ben Salah (arabisch: أحمد بن صالح) (13. Januar 1926 - 16. September 2020) war ein tunesischer Politiker und Gewerkschaftsführer.

Neben Tom Mboya aus Kenia war Ahmed Ben Salah eine der bedeutendsten Gründungspersönlichkeiten des „Wiener Instituts für Entwicklung“, Vorläuferin des heutigen VIDC.

Seine Macht und sein Einfluss gipfelten zwischen 1957 und 1969, als er seine Ideen für eine geplante Wirtschaft in Tunesien umsetzen konnte und gleichzeitig mehrere wichtige Ministerämter innehatte.

Hier finden Sie mehr Informationen zu seinem Lebenslauf sowie einen Nachruf von Marcus Strohmeier in der Zeitschrift "International"

Peter Jankowitsch


VIDC-Kuratoriumsmitglied Peter Jankowitsch (* 10. Juli 1933 in Wien) ist ein österreichischer Politiker (SPÖ) und Diplomat. Er war als Nachfolger von Leopold Gratz und Vorgänger von Alois Mock der elfte Außenminister der Zweiten Republik.

Hier finden Sie mehr Informationen zu seinem Lebenslauf.

Nachruf auf Ahmed Ben Salah

In memoriam Ahmed Ben Salah, © Archive PL / Alamy Stock Photo

Entstehung und Bedeutung des alten „Wiener Instituts für Entwicklung“, Vorläuferin des heutigen VIDC, ist neben Bruno Kreisky auch einer Reihe bedeutender Führungspersönlichkeiten der damaligen „Dritten Welt“ zu verdanken, unter denen Ahmed Ben Salah stets eine besondere Rolle eingenommen hat.

Seit den 1960er Jahren an der Seite von Habib Bourguiba, Architekt einer wirtschaftlichen und sozialen Transformation Tunesiens aus seiner kolonialen und reaktionären Vergangenheit die unter dem Namen eines „Destour Sozialismus“ bekannt wurde, suchte Ahmed Ben Salah, der aus der tunesischen Gewerkschaftsbewegung hervorgegangen war, nach neuen Ideen für die Entwicklung der „Dritten Welt“ in Afrika, Asien und Lateinamerika. Auf eine solche Suche hatte sich, nicht zuletzt unter dem Einfluss eines Besuches bei Pandit Nehru in New Delhi aber auch – vom Standpunkt industrialisierter Länder aus - Bruno Kreisky begeben. Um diesen Ideen Gestalt und Ausdruck zu geben organisierte Kreisky im Sommer 1962 eine erste Nord Süd Konferenz in Salzburg, zu deren prominentesten Teilnehmer*innen aus vielen Ländern Afrikas und Asiens Ahmed Ben Salah gehörte. Aus dieser Konferenz, von der bedeutende Vorschläge wie die Bindung von Entwicklungsleistungen der Industrieländer an einen bestimmten Prozentsatz ihres BNP ausgingen, sollte wenig später das „Wiener Institut“ als neues Forum des Dialogs zwischen gleichberechtigten Partner*innen des Nordens wie des Südens hervorgehen. Zusammen mit Willy Brandt und anderen wie Tom Mboya aus Kenia übte Ahmed Ben Salah ab damals und für längere Zeit die Funktion eines Vizepräsidenten im Institut aus.

Am Aufbau und Ausbau des neuen „Wiener Instituts“ nahm er regen Anteil, nicht nur solange er in Tunesien hohe Regierungsfunktionen ausübte. Auch nach seinem, von seinen Gegnern erzwungenen Ausscheiden aus der tunesischen Politik blieb seine Verbindung mit Bruno Kreisky, der ihm später auch in Wien Exil gewährte und dem „Wiener Institut“ eine sehr lebendige. Immer wieder führte er ihm neue Ideen aber auch neue Verbindungen, nicht nur in die arabische Welt zu. Eine führende Rolle spielte er auch in dem damals sehr aktiven Internationalen Beirat des Instituts, der auch einigen seiner Konferenzen ein besonderes Gewicht gab.

Der Sturz Habib Bourguibas eröffnete ihm später eine Rückkehr nach Tunis, wenngleich auch diese noch einmal von Perioden des Exils unter einem autoritärer werdenden Regime seines Nachfolgers Ben Ali unterbrochen werden musste. Als einer seiner letzten Kontakte mit dem Institut war eine Rede gedacht, die er im Jänner 2011 aus Anlass des hundertsten Geburtstages von Bruno Kreisky vor dem VIDC und einer prominenten Zuhörer*innenschaft, darunter Persönlichkeiten wie Samir Amin und anderen halten sollte. Ein Malaise, welche ihn kurz vor dem Abflug nach Wien überfiel, verhinderte allerdings seine physische Präsenz, und der Autor dieser Zeilen durfte sie verlesen.

Mit seinem Hinscheiden, 94-jährig, in Tunis im Frühherbst dieses Jahres verliert das Institut damit eine seiner bedeutendsten Gründungspersönlichkeiten, dessen Präsenz ihm sein besonderes Gepräge und seinen Einfluss weit über Europa hinaus gegeben hat.