Die Globale Mindeststeuer

Wie Länder im Globalen Süden doch noch profitieren können

Globale Mindeststeuer; OECD; G20; EU; Inclusive Framework; Globaler Süden; VIDC; Policy Brief; Martina Neuwirth

 

Die internationale Steuerpolitik hat insbesondere im Bereich der Unternehmenssteuern große Auswirkungen auf Länder des Globalen Südens, da diese Steuern in ärmeren Ländern – im Vergleich zu OECD-Staaten – einen höheren Anteil am Gesamtsteueraufkommen aufweisen. Angesichts des großen Finanzbedarfs gilt es, Maßnahmen zu setzen, damit auch Länder des Globalen Südens von den Reformen des internationalen Steuersystems profitieren und ihre Einnahmen steigern können.

Am 8. Oktober 2021 stellte das sogenannte Inclusive Framework von OECD/G20 u.a. das Konzept für eine globale Mindeststeuer vor, am 20. Dezember 2021 präsentierte die OECD Modellregeln dazu. Nur zwei Tage später veröffentlichte die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag, mit dem (mit geringen Abänderungen) die OECD-Regeln in der EU bindend umgesetzt werden sollen.Derzeit (April 2022) berät der ECOFIN über einen Kompromissvorschlag der französischen EU-Präsidentschaft.

Das VIDC hat in einem Policy Paper die globale Mindeststeuer analysiert und Empfehlungen erarbeitet. Es geht uns dabei vor allem um die möglichen Auswirkungen der Reformen auf Länder des Globalen Südens.

In einem gemeinsamen Brief an Finanzminister Magnus Brunner haben wir mit der AG Globale Verantwortung die Befürchtung geäußert, dass vor allem ärmere Länder des Globalen Südens, meist sogenannte Quellenstaaten, wenig von der Globalen Mindeststeuer profitieren werden. Ähnliche Schreiben ergingen an die Entwicklungszusammenarbeits-Sektion des Außenministeriums, österreichische Parlamentarier_innen und andere Stakeholder.

Einer der Gründe ist, dass die Globale 15%ige Mindeststeuer 10% unterhalb des durchschnittlichen Körperschaftssteuersatzes dieser Länder liegt. Überdies könnte der schädliche Steuerwettbewerb zwischen den Staaten – denn seit Jahrzehnten sinken die Sätze der Unternehmensbesteuerung weltweit – durch Zugeständnisse an Niedrig- und Nullsteuerländer nicht genügend eingedämmt werden.

Geberländer wie Österreich sollten Länder des Globalen Südens und deren regionale Organisationen (wie etwa das African Tax Administration Forum) unterstützen, eigene Kapazitäten zur Analyse von Maßnahmen der internationalen Steuerpolitik aufzubauen, und sich dafür einsetzen, dass die Vorschläge, die Länder des Globalen Südens innerhalb wie außerhalb des Inclusive Framework der OECD/G20 einbringen, unterstützt werden.

Von den 46 am wenigsten entwickelten Staaten sind 35 und von 54 afrikanischen Ländern sind 28 Länder nicht Teil des OECD-Abkommens. Nigeria, Kenia, Pakistan und Sri Lanka wollen die Reformen aus den oben genannten Gründen nicht mittragen, obwohl sie aktiv an den OECD-Verhandlungen beteiligt waren. Es ist wichtig für die ärmsten Länder des Globalen Südens, die Vor- und Nachteile des OECD-Regelwerks abzuwägen und frei zu entscheiden, ob sie dieses mittragen wollen oder nicht. Dabei sollten sie keinem internationalen politischen Druck ausgesetzt sein.