Antirassismus in Gesellschaft, Politik und in den Köpfen

Autorinnen

Eva Baumgarnter, fairplay
Yasmin Yazdian, kulturen in bewegung
Maëlle Nausner, VIDC Global Dialogue

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© VIDC

“Es geht um Chancengerechtigkeit“, bringt es Mireille Ngosso auf den Punkt. Im “Blickwechsel“ Podcast #8 spricht sie gemeinsam mit Melissa Ofoedu und VIDC-Direktorin Sybille  Straubinger über die Black Lives Matter Bewegung, das Black Voices Volksbegehren und darüber, was ihnen Hoffnung gibt.

Während das Black Voices Volksbegehren wenige Tage vor dem Ende der Unterstützungsphase steht und das Ziel hat, nach der Eintragungswoche im Herbst zumindest 100.000 Unterschriften zu erreichen, fehlt es an Grundsätzlichem. So konnte sich laut SOS Mitmensch die österreichische Bundesregierung bis dato nicht auf eine Definition von antimuslimischem Rassismus festlegen. Und angesichts des Kriegs in der Ukraine werden zunehmend Unterschiede im Umgang mit Geflüchteten sichtbar – abhängig von Aussehen, Herkunft oder Religion der Geflüchteten.

“Rassismus hat System“, konstatiert der aktuelle Rassismus Report von ZARA – dennoch scheint das Bewusstsein für Rassismus in der Bevölkerung gewachsen zu sein. Zu dieser Bewusstseinsbildung tragen auch eine Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Initiativen bei. Am VIDC setzen die unterschiedlichen Abteilungen auf Weiterbildung im Bereich Antidiskriminierung und Antirassismus.

“Train the Trainers“: Workshops zu Antirassistischer und Antidiskriminierender Praxis von kulturen in bewegung

Während Rassismus gesamtgesellschaftlich, strukturell und institutionell weit verbreitet ist, dominiert in vielen Bereichen der Gesellschaft, so auch in NGOs und im Kulturbereich, das Selbstbild einer fast Rassismus-freien Insel der Seligen. Das gesellschaftlich organisierte “unbewusst Machen” davon, wie tief Rassismus verankert ist, dient jedoch seiner Aufrechterhaltung. Vor diesem Hintergrund hat die Kunst und Kultur Initiative kulturen in bewegung die Workshopreihe “Train the Trainers“ entwickelt. Vermittler*innen und Personen, die im NGO- und Kulturbereich tätig sind, können sich im Zuge dieser Workshops selbstreflexiv auf verschiedenen Ebenen mit Antidiskriminierung und Antirassismus beschäftigen.
Der erste Workshop “Antidiskriminierung und Antirassismus Strategien im Arbeitsalltag” mit Dunia Khalil befasste sich mit verschiedenen Situationen in Bezug auf Diskriminierung und Rassismus im Arbeitsalltag. Unterschiedliche Perspektiven und Meinungen der Teilnehmenden wurden eingeholt und ausgetauscht. Anschließend wurden Strategien gegen Diskriminierungsformen und zur Förderung von Zivilcourage gesammelt und gemeinsam an einem Katalog gearbeitet. Im zweiten Workshop “Antirassistische und Antidiskriminierende Kommunikation in der Erwachsenenbildung” mit Angela Chikuru und Adaora Ofoedu wurden die Teilnehmenden dabei unterstützt, zu erkennen, welche unbewussten und bewussten Formen von Rassismus und Diskriminierung in uns und unserer Gesellschaft arbeiten, wie diese sich auf Sprache und Kommunikation auswirken und wie wir gegenarbeiten können. Am Dienstag, den 3. Mai, kommt mit einer Online-Veranstaltung der dritte und letzte Teil der “Train the Trainers“-Reihe: “Rassismuskritische, intersektionale Perspektiven zu institutionalisierten Rassismus im eigenen Arbeitsumfeld” mit Araba Evelyn Johnston-Arthur. Um Wissen und Sensibilisierung über institutionalisierten Rassismus zu schaffen, werden struktureller und systemischer Rassismus in Institutionen sowie dessen Normen, Werte und Strukturen hinterfragt.

Antidiskriminierungsarbeit von fairplay – Workshops und Schulungen

Wie überall in der Gesellschaft sind auch im Sportalltag Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen ein Thema. Sport hat die Kraft, die verschiedensten Menschen zusammen zu bringen, dennoch gilt es, die Probleme im Sport zu benennen und darüber hinaus Sport zu nutzen, um Inklusion und Antidiskriminierung zu vermitteln und auch zu leben.

Die fairplay Initiative bietet seit über 10 Jahren Workshops für Kinder und Jugendliche sowie für Erwachsene an – mit dem Ziel, Bewegung mit sozialen Themen zu verbinden. Hierbei dient Sport als Tool, um auf Themen wie nachhaltige Entwicklung, Formen der Diskriminierung (Rassismus, Homophobie, Sexismus), soziale Inklusion, Vielfalt und Menschenrechte einzugehen. Bei den eingesetzten Methoden wird auf einen positiven und spielerischen Zugang geachtet – sie reichen von Bewegungsübungen und Rollenspielen über gruppendynamische Übungen und Kleingruppenübungen bis hin zu Diskussionen und Präsentationen. Sportvereine und -initiativen, Einrichtungen der Jugendarbeit, Schulen sowie auch Multiplikator*innen (Trainer*innen, Jugendarbeiter*innen, Lehrer*innen) buchen die Workshops von fairplay.

Bei den Workshops für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 16 Jahren steht vor allem der interaktive, spielerische Aspekt im Vordergrund. Die inhaltlichen Schwerpunkte können bei nachhaltigen Entwicklungszielen, Antidiskriminierung, Bewegungsmethoden, queerplay (Homophobie) oder auch Menschenrechten liegen. Das Angebot für Multiplikator*innen wiederum enthält vor allem praxisnahe Anregungen für ihre Tätigkeiten mit Kindern und Jugendlichen im Sport. In der Gruppe werden  theoretische Grundlagen, Fallbeispiele und Erfahrungsberichte erarbeitet. Darüber hinaus werden anhand von praktischen Übungen für den Trainingsalltag die Chancen und Barrieren im Umgang mit interkulturellen Teams reflektiert: Was passiert, wenn Kinder unterschiedlicher Herkunft gemeinsam Sport betreiben? Welche Rolle spielt der*die Trainer*in bei Integrationsprozessen? Welche Ressourcen und Methoden stehen mir als Übungsleiter*in zur Verfügung? Diesen und anderen Fragen gehen die Teilnehmenden auf den Grund und erhalten dabei Hilfestellung zu Themen wie Teambuilding, Sprachbarrieren, Ernährungsgewohnheiten, Körperlichkeit und Konfliktlösung.

Schulungen für Sportvereine sind ideal für vielfältige Vereine, oder solche, die es noch werden wollen. fairplay unterstützt bei der Öffnung für breitere Bevölkerungsgruppen und erarbeitet gemeinsam mit den Verantwortlichen konkrete Schritte auf dem Weg zu mehr Vielfalt und Inklusion. Die Schulungen sollen Vereine ermächtigen, selbständig tätig zu werden und ihr Handlungsrepertoire zu erweitern, um Ausgrenzungen und Konflikten entgegenzuwirken.

Um Selbstermächtigung geht es auch beim Mentoringprojekt für *BIPOC Frauen und Mädchen, das Melissa Ofoedu mitorganisiert: Unter dem Motto “Yes She Can“ sollen *BPOC Mädchen zu Berufen in Medien und Politik ermutigt werden.
“Um strukturellen Rassismus zu unterbinden, braucht man aber Gesetze“, sagt Ngosso, “um People of Color und Schwarze Menschen zu schützen“. Eine Unterstützungserklärung für das Black Voices Volksbegehren ist noch bis 6. Mai möglich. Ngosso sieht es schon als Erfolg, dass es überhaupt die Möglichkeit für ein Antirassismus Volksbegehren in Österreich gibt. Als Ärztin hat sie für das Black Voices Volksbegehren die politischen Forderungen für den Gesundheitsbereich herausgearbeitet. Ein Bereich, in dem noch viel zu tun gibt, bis ein wissenschaftlich breiteres Wissen über den menschlichen Körper jeder Hautfarbe zur Verfügung steht. Eine in manchen Fällen überlebenswichtige Forderung des Volksbegehrens (29. April 2022).

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