Der Zusammenbruch der Regierung und der Regierungsarmee in Afghanistan ist viel schneller von statten gegangen als erwartet und selbst von den Geheimdiensten prognostiziert. Auch Frauenrechtlerinnen, Menschenrechtsaktivistinnen*innen, Richterinnen, Journalist*innen und andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen wurden von der Dynamik der Ereignisse überrascht. Darunter sind viele mit denen das VIDC in den vergangenen Jahren zusammengearbeitet hat. Sie sitzen derzeit in Kabul fest und versuchen verzweifelt auf die Ausreiselisten der westlichen Staaten zu kommen, um aus Kabul ausgeflogen zu werden. Ob ihnen das gelingt, werden die kommenden Tage und vielleicht auch Wochen zeigen. Auch Österreich ist hier gefordert seinen Beitrag zu leisten und insbesondere für gefährdete Frauen und Menschenrechtsaktivistinnen*innen freie Ausreisemöglichkeiten und humanitäre Visa nach Europa auszustellen. Es braucht für alle, die durch die Machtübernahme der Taliban unmittelbar gefährdet sind, eine Luftbrücke zwischen Kabul und sicheren Aufnahmeländern!
Vergesst Afghanistan nicht
In einer in einer Videomessage für das VIDC appelliert die afghanische Ärztin und Frauenaktivistin Dr. Shafiqa Razmenda: „Ich möchte mich an alle friedensliebenden Menschen, an alle internationalen Menschenrechtsorganisationen und die UNO wenden: Wir brauchen mehr als zuvor Ihre Solidarität und internationale Zusammenarbeit. Bitte vergessen Sie nicht auf die afghanische Nation!“, appelliert in einer Videomessage für das VIDC: „Diesmal kommen die Taliban noch schrecklicher, noch aggressiver nach Afghanistan. Was wir in den Provinzen erleben, wo die Taliban schon die Macht haben, zeigt, dass die Taliban gegen alle Menschen- und Frauenrechte verstoßen.“
Eine humanitäre Katastrophe bahnt sich an
„Für uns in Europa ist es wichtig, dass wir weiter auf Afghanistan schauen und nicht auf die Zivilbevölkerung zu vergessen: Die Frauen und die Kinder. Wir sehen in vielen Bildern, dass sich da eine verheerende humanitäre Katastrophe anbahnt. Wir Europäer und der Westen überhaupt, wir können da nicht einfach wegschauen“, fordert die österreichische Journalistin Antonia Rados in einer Videomessage für das VIDC.
Rados war als Auslandskorrespondentin für RTL Deutschland lange Jahre in Afghanistan tätig. Sie sorgt sich besonders um die Frauen: „Was die Frauen in Afghanistan betrifft, so wissen wir, dass sie in den letzten zwanzig Jahren, vielleicht sehr unperfekt aber doch eine Ausbildung, eine relative Sicherheit bekommen haben. Vieles ist da trotzdem schiefgelaufen, jetzt droht ihnen aber mehr als allen anderen ein Rückschritt ins Mittelalter, wie wir das unter den Taliban schon gesehen haben.“