Gaza: „Es ist schwierig, noch Worte zu finden.“

Von Florian Lems

VIDC Online Magazin Spotlight

Dieser Artikel wurde in der Spotlight-Ausgabe März 2024 veröffentlicht. Wenn Sie den vierteljährlich erscheinenden Spotlight, Einladungen und Dokumentationen erhalten möchten, klicken Sie bitte hier.

Autor*

Florian Lems ist Journalist, Trainer und Berater in Wien und war bis 2022 Director of Communications von Ärzte ohne Grenzen Österreich. Er war selbst auch in Israel und in den palästinensischen Autonomiegebieten tätig. Lems ist Gründer der Kommunikations- agentur Optimistic Impact.

Youssef Al-Khishawi, MSF-Mitarbeiter hilft Kindern, Wasser zu ihrem Zelt in Rafah zu tragen, © MSF

Inmitten von Luftangriffen, Panzerbeschuss und Häuserkampf leisten im Gazastreifen Teams von Ärzte ohne Grenzen Nothilfe – ein Tropfen im Ozean der Bedürfnisse. Ein Bericht über die schwerwiegenden sozialen und medizinischen Folgen des Krieges, die Ohnmacht der Helfer*innen – und die Kraft der Worte.
Als die Wehen einsetzten, war es für Maha (Name geändert) Zeit, das Krankenhaus aufzusuchen. Sie stand kurz vor der Geburt ihres Kindes. Eine Erfahrung, die sie mit unzähligen Frauen auf der ganzen Welt verbindet – und die ihr Leben verändern sollte. Unter normalen Umständen wäre das Aufsuchen der Klinik ein alltäglicher Vorgang gewesen. Doch die Umstände waren nicht normal. Maha lebt im Gazastreifen. Was das bedeutet, bekam sie zu spüren, als sie in der Klinik ankam: Sie wurde abgewiesen. Die Einrichtung in Rafah, an der Grenze zu Ägypten, war völlig überlastet. Wegen israelischer Angriffe, die binnen kurzer Zeit Hunderttausende Menschen in die Kleinstadt gespült hatte. So kam es, dass Maha trotz Wehen in ihr Zelt zurückkehren musste. Später, als die Geburt einsetzte, schaffte sie es nicht mehr zurück ins Krankenhaus. Sie gebar ihren Sohn in einer öffentlichen Toilette. Er war tot.