Die Klimakrise als Brennglas für Ungleichheiten

Von Karen Knipp-Rentrop

VIDC Online Magazine Spotlight

Dieser Artikel wurde im VIDC Online Magazin Spotlight April 2022 veröffentlicht. Wenn Sie das vierteljährlich erscheinende Online-Magazin, Einladungen und Dokumentationen erhalten möchten, klicken Sie bitte hier.

Autorin


Karen Knipp-Rentrop ist Programmkoordinatorin bei CARE Österreich. Sie ist zuständig für die Strategische Partnerschaft mit der Austrian Development Agency, die zur Stärkung von Frauen und Mädchen in Uganda beiträgt. In ihrer anwaltschaftlichen Arbeit beschäftigt sie sich u.a. mit der Klimakrise. Zuvor unterstützte sie lokale NGOs in der Afrikanischen Großen Seen Region, die zu Konfliktbearbeitung, Menschenrechten und Gewalt gegen Frauen und Mädchen arbeiten.

Wirbelsturm Idai 2019, Mosambik © Josh Estey, CARE

Wirbelsturm Idai, 2019 Mosambik © Josh Estey, CARE

„Unsere Botschaft ist sehr klar. Ohne Geschlechtergerechtigkeit, keine Klimagerechtigkeit. Ohne Klimagerechtigkeit, keine Geschlechtergerechtigkeit“ (Shakila Islam aus Bangladesch). So einfach das klingt, so viele Aspekte stecken in dieser Forderung, die Aktivist*innen seit Jahren auf Klimakonferenzen vorbringen. Denn obwohl Frauen und Mädchen im Allgemeinen weniger zur Klimakrise beigetragen haben, sind sie aufgrund von Geschlechterrollen und sozialen Normen oft stärker von deren Folgen betroffen. Gleichzeitig haben Frauen aber auch einzigartige Perspektiven und Kapazitäten, um kreative und wirksame Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. 
So wie Josiane Ramaroson aus Madagaskar, die sich entschied, eine eigene Baumschule zu gründen, um den Wind vom Meer abzuschwächen und Überflutungen bei starkem Regen zu verhindern. Das Ergebnis ihrer Arbeit: Beim Zyklon Anfang 2017 wurde kein einziges Haus in der Region zerstört. Oder Haoua Abdoulaye aus Niger, die angesichts länger werdender Trockenzeiten und abnehmender Ernteerträge mit anderen Frauen eine Methode nutzte, durch die der Anbau von Hirse und Bohnen ertragreicher wurde: Gemeinsam hoben sie Gruben im trockenen Boden aus, füllten diese mit Kompost und pflanzten Bäume. „Unsere Männer sagten, sie würden das nicht können, diese Halbmonde graben“, erzählt Haoua. „Also haben wir Frauen ihnen die Kinder gegeben und sind selbst losgezogen.“

Die Bedeutung von Geschlechtergerechtigkeit im Umgang mit der Klimakrise

Das starke lokale Engagement von Frauen und Mädchen hängt nicht zuletzt mit den geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Klimakrise zusammen. Der aktuelle IPCC Bericht „Impacts, Adaptation and Vulnerability“ (2022) bestätigt erneut, dass der Klimawandel Menschen und Gemeinschaften weltweit die Lebensgrundlage entzieht und ihr Wohlergehen gefährdet – vor allem in Ländern des Globalen Südens. Er verschärft Armut und bestehende Diskriminierungen und betrifft somit insbesondere Menschen, die bereits von Marginalisierung betroffen sind. Viele Frauen und Mädchen sind folglich auf doppelte Weise bedroht: durch Geschlechterungerechtigkeit und die Klimakrise.