Unheard?! Strong women in the diaspora

Report from the event on 1 March 2021

Podium


Esther Maria Kürmayr

Anti-discrimination expert, social worker, teacher, chairwoman of the association Schwarze Frauen Community

Ishraga Mustafa Hamid

Political scientist, author and human rights activist, in 2020 she was awarded the Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien

Rojin Ali

Sociologist, Interpreter and Social Worker, Diakonie Frauenberatung, Vienna

Noreen Mughal

High school graduate, Black Lives Matter, Vorarlberg

Aadilah Amin

Student at the University of Vienna, founding member of the Afghan Students' Association IGASUS

Moderation: Delna Antia-Tatić

Chief Editor, Das Biber

Author


Aleksandra Tulej, das Biber

Curated by Irène Hochauer-Kpoda and Samar Al Bradan (VIDC)

Kooperationen

Unfortunately, the report is only available in German

Tagtäglich setzen sie sich dafür ein, dass junge Frauen und Mädchen aus migrantischen Communities ihr Leben selbst in die Hand nehmen können: weibliche Role Models in der Diaspora. Sie leisten Unglaubliches, und werden trotzdem oft nicht gehört. Ihre Arbeit ist unersetzlich, ihre Wirkung enorm und ihre Vorbildrolle ist sehr bedeutsam. Für das Empowerment junger Frauen in migrantischen Communities ist nichts wichtiger als Role Models. Frauen in der Diaspora sind unglaublich stark, doch meist sind ihre Erfolgsgeschichten unsichtbar. Das wird und muss sich ändern. Wir gingen mit gutem Beispiel voran: Als Beitrag zum internationalen Frauentag 2021 feierte das VIDC, in Kooperation mit Seti Women, IGASUS, Okto TV und das Biber, Frauen aus der Diaspora, die Empowerment tagtäglich vorantreiben.

In diesem Rahmen fand am 1. März 2021 die Diskussionsrunde “Unerhört?! Starke Frauen in der Diaspora” statt. Aktivistinnen aus migrantischen Communities sprachen über ihren Werdegang, über Herausforderungen und den täglichen Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung. Moderiert wurde die Runde von Delna Antia- Tatić, Chefredakteurin des Magazins “das Biber.” Zu Gast waren Esther Maria Kürmayr (Anti Diskriminierungsexpertin, Sozialarbeiterin, Lehrerin und Obfrau des Vereins Schwarze Frauen Community), Ishraga Mustafa Hamid (Politologin, Autorin und Menschenrechtaktivistin), Rojin Ali (Soziologin, Dolmetscherin und Sozialarbeiterin), Noreen Mughal (Maturantin, Black Lives Matter- Initiatorin aus Vorarlberg) sowie Aadilah Amin (Studentin an der Universität Wien, Gründungsmitglied des afghanischen Studenten*innenvereins IGASUS). Sie alle spielen bei der Durchsetzung von positiven gesellschaftlichen Veränderungen eine zentrale Rolle. Allerdings sind diese beeindruckenden Erfolgsgeschichten der Frauen aus den Diasporas in der Gesellschaft wenig sichtbar. Deshalb holte das VIDC sie vor den Vorhang.

“Es braucht gute schwarze Vorbilder”

Esther Maria Kürmayr gründete vor 18 Jahren den “Verein Schwarze Frauen Community” in Wien. Sie sah den Bedarf, eine Plattform für gegenseitige Unterstützung von Frauen, die einer sichtbaren Minderheit angehören, zu bieten: „Junge Mächen aus unserer Community hatten damals keine positiven schwarzen Vorbilder, zu denen sie aufblicken konnten. Sie bekamen nichts vermittelt, das sie gestärkt hat.“ Auch zwei Dekaden später ist der Bedarf nach wie vor vorhanden - es brauche Vorbilder, Orientierungs- und Identifizierungsmöglichkeiten. Genau dafür setzt sich Kürmayr im Rahmen ihrer Arbeit ein, indem sie ein breites Angebot an Workshops und Vorträgen anbietet. Man müsse alte Denkmuster aufbrechen und sie durch ein neues Empowerment ersetzen: „Nur so können wir etwas bewirken“.

“Afrika ist kein kleines Dorf”

Ishraga Mustafa Hamid ist 1993 aus dem Sudan geflohen. Sie war Aktivistin und Journalistin, was ihr zur damaligen Zeit in ihrem Land zum Verhängnis wurde. Deshalb kam sie nach Österreich. Hier hat sie Diskriminierung und Rassismus erlebt: Beschimpfungen aufgrund ihrer Herkunft und ihres sichtbaren Migrationshintergrunds standen und stehen an der Tagesordnung. Mit Engagement, Zivilcourage und Vernetzung wehrt sie sich dagegen. Hamid widmet sich intensiv der Beforschung von Migrant*innen in Österreich, sie arbeitet für verschiedene Beratungsstellen mit Migrant*innen und hat bereits ihre Autobiografie veröffentlicht. Sie wünscht sich, dass die Repräsentation Afrikas in österreichischen Lehrbüchern diverser und weniger stereotyp ist, als die, welche momentan vorherrschend ist: “Afrika ist kein kleines Dorf in dem Frauen bunte Kleider tragen.”

“Die Frauen kennen ihre Rechte nicht”

Rojin Ali ist syrische Kurdin. 2013 ist sie nach Österreich gekommen. In Syrien hat sie Soziologie studiert und als Sozialarbeiterin in Schulen gearbeitet. Sie hat Mädchen beraten, die früh verheiratet werden sollten und deshalb von ihren Eltern aus der Schule genommen wurden. In Österreich arbeitet sie als Dolmetscherin, interkulturelle Beraterin und engagiert sich im Bereich der Integration - ihre Arbeit umfasst Scheidungsberatung, medizinische Beratung, Bildungs-Beratung und  Existenzsicherung für Frauen. Ihre Zielgruppe sind geflüchtete Frauen aus Somalia, Afghanistan, Syrien und dem Irak. Ein wichtiges Thema ist für sie die Gewalt gegen Frauen - psychische, körperliche sowie sexuelle Gewalt. Die Frauen, die Ali berät, wissen oft nicht welche Rechte ihnen in Österreich zustehen. Sie berichtet von Fällen, in denen Frauen durch ihre Ehemänner und durch die Communities falsche Informationen über ihre Rechte vermittelt werden. Oft würden die Männer die Selbstbestimmung der Frauen als eine Gefahr ansehen - Rojin Ali hilft diesen Frauen dabei, Kontrolle über ihr eigenes Leben (wieder) zu erlangen.

“Afghanistan, wo kleine Kinder Panzer fahren”

Aadilah Amin ist gebürtige Afghanin, sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Mit sieben Jahren kam sie nach Österreich - und wurde hier schnell mit Vorurteilen gegenüber ihrem Land konfrontiert. Sie wünscht sich, dass die Menschen in Österreich Afghanistan nicht nur mit den Taliban, dem Krieg und Panzern verbinden. Im Rahmen ihrer Arbeit bei IGASUS setzt Amin sich dafür ein, positive Beispiele innerhalb ihrer Community abzubilden und positive Vorbilder zu schaffen und sichtbar zu machen. „Nicht nur die Afghanen, die man aus der Kronen-Zeitung kennt“ sollen die Community repräsentieren: „Wir wollen die Relevanz von Bildung in den Vordergrund stellen”, so Amin.

“Betet ihr daheim eine Kuh an?”

Die 19-jährige Maturantin Noreen Mughal hat indisch-pakistanische Wurzeln. Auch sie hat Erfahrungen mit Rassismus, beispielsweise wurde sie in der Schule von Lehrpersonen oft mit gebrochenem Deutsch angesprochen - obwohl sie in Österreich geboren wurde und perfekt Deutsch spricht. Trotzdem wird sie oft gefragt, woher sie denn wirklich komme. Fragen dazu, ob sie denn „Zuhause eine Kuh anbete, weil das macht man ja in Indien so” sind ihr nicht fremd. Sie engagiert sich politisch im Bereich Anti-Rassismus und Aufklärungsarbeit. Sie ist eine der „50 Köpfe von Morgen“, eine jugendliche Gruppe, die die Welt und die Gesellschaft durch ihre kreativen Ideen inspirieren und verändern will. Noreen hat durch ihr Engagement den politischen Diskurs über Rassismus in Vorarlberg inspiriert. Für „Black Lives Matter“ hat sie die erste Kundgebung in Bregenz veranstaltet, an der rund 1.000 Personen teilgenommen haben.

Wie geht es weiter?

All diese Frauen betonten das, was wir in Österreich dringend nötig haben: Mehr Sichtbarkeit für Frauen aus den Communities, eine aktive Rassismusbekämpfung, das Aufzeigen von Ungerechtigkeiten und Diskriminierung, Inklusion, die bessere Finanzierung von Anti-Rassismusprojekten sowie die Sichtbarmachung und Überarbeitung von rassistischen Unterrichtsmaterialien. Vor allem sollte die Mehrheitsgesellschaft aber bereit sein, sich mit all diesen Themen auseinanderzusetzen. Es sollte nicht sein, dass sich immer wieder dieselben Menschen für diese wichtigen Themen einsetzen und dabei oftmals nicht gehört werden. Damit soll jetzt Schluss sein: Die eingeladenen Frauen zeigen, dass sie sich das nicht länger gefallen lassen werden. Vor allem aber braucht es finanzielle Unterstützung für die Arbeit, die diese Frauen leisten. Von Lob alleine geht nichts weiter: „Gebt uns Rosen, aber wir brauchen auch Brot”, wie Ishraga Mustafa Hamid das zusammenfasst.

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