Man darf mit einiger Sicherheit sagen, dass die große Mehrzahl der Europäer bis vor wenigen Monaten keine Ahnung hatte, wo Tigray ist. Afrikareisende mochten die bergige, atemberaubend schöne Landschaft vielleicht kennen, aber es ist auch gar nicht so einfach, zum Kafta Sheraro oder in den Simien-Nationalpark zu kommen.
Ein Konflikt hat diese zerklüftete Region – immerhin so groß wie Ober- und Niederösterreich und die Steiermark zusammen – nun in das Auge der Weltöffentlichkeit gerückt. Tigray ist nur eine von neun Regionen in Äthiopien. Aber es ist die, die drei Jahrzehnte das Land dominierte, nachdem die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) maßgeblich am Sturz des menschenverachtenden kommunistischen Regimes beteiligt war, dem unzählige Menschen zum Opfer gefallen waren. Erst Ministerpräsident Abiy Ahmed Ali machte der privilegierten Situation ein Ende. Ein Konflikt, der von November an blutig ausgetragen wird zwischen der äthiopischen Armee und der TPLF, und in dem verschiedene Milizen, angeblich auch ausländische Armeen, vor allem die eritreische, mitmischen. Niemand weiß, wie vielen Menschen der Konflikt das Leben gekostet hat. Klar ist aber, dass Hunderttausende, möglicherweise Millionen Menschen, seitdem auf der Flucht sind.