Die sudanesische Revolution von 2019 verkörperte einen hoffungsvollen Aufbruch für die Demokratiebewegungen in Afrika und der arabischen Welt. Nach monatelangen Protesten wurde der Langzeitdiktator Omar al-Baschir gestürzt und eine Übergangsregierung aus Zivilist*innen und Militärs gebildet. Die Rolle der Frauen, freie Medien und Gewerkschaften wurden gestärkt. Zwei Jahre hielt die spannungsgeladene Koalition. Im Oktober 2021 putschten die Militärs, um angeblich weiteres Chaos zu verhindern. General Abdel Fattah al-Burhan wurde de-facto Präsident, der Milizenführer Muhammad Hamdan „Hemedti“ Dagalo sein Stellvertreter. Aber dieses Bündnis hielt nicht lange und führte am 15. April 2023 zum bewaffneten Konflikt.
Schmidjell: Zwei Generäle kämpfen um die politische Macht im Sudan. Welche Gründe haben zum Ausbruch der bewaffneten Kämpfe zwischen der Armee unter General Burhan und den RSF-Milizen unter Muhammad Hamdan ("Hemedti") Dagalo geführt?
Wagialla: Die unmittelbare Ursache sind Meinungsverschiedenheiten wie und innerhalb welches Zeitraumes die paramilitärische Organisation RSF (Rapid Support Forces) von Hemedti in die Sudanese Armed Forces (SAF) integriert werden sollte. Dies ist eine der Bedingungen der politischen Rahmenvereinbarung vom 5. Dezember 2022, die den von den Generälen durchgeführten Staatsstreich beendet und die Macht an eine Zivilregierung übergeben hätte. Der Machtkampf zwischen den beiden Generälen begann unmittelbar nach dem Putsch gegen die Übergangsregierung unter Premierminister Abdallah Hamdok im Oktober 2021. Al-Burhan traf Entscheidungen zugunsten der Islamist*innen und Loyalist*innen des gestürzten al-Bashir Regimes, was Hemedti verärgerte. Dabei ging es nicht nur um die militärische Macht sondern auch um den wirtschaftlichen Einfluss. Der Streit wurde nach der Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung vom 5. Dezember 2022 öffentlich. Hemedti näherte sich dem zivilen Oppositionsbündnis „Forces for Freedom and Change – Central Committee“ an und versprach, das Rahmenabkommen zu verteidigen. Al-Burhan gab dem Druck der Anhänger*innen des gestürzten Regimes nach.